2011-03-22: "Saisonvorschau 2011 – Vettels zweiter Streich!""

Die Saison 2011 steht nun endlich unmittelbar bevor, nachdem der ursprünglich für Bahrain geplante Saisonstart ja aus politischen Gründen abgesagt werden musste. Bernie Ecclestone wird dies sicher etwas beruhigen. Wohl fühlen hätte er sich im arabischen Raum nämlich nicht können. Nicht so lange es ja scheinbar Zeitgeist ist, langjährige, alternde aber noch herrschende Despoten vom Thron zu stürzen, ohne einen Plan zu haben, was danach kommen soll.

Nun starten wir eben in Australien. Wie in den guten alten 90-ern. Aber es gibt Neuerungen. Und zwar einige. Das Comeback des todgeglaubten KERS ist da beispielsweise zu nennen. Zusätzlich zu diesen 82 extra-PS, die man durch Bremsenergie ansammeln und per Knopfdruck im entscheidenden Moment aktivieren kann, haben Fahrer – so sie denn höchstens eine Sekunde Abstand zum Vordermann haben – die Möglichkeit, auf der jeweils längsten Geraden eines Kurses einmalig den Heckflügel flacher zu stellen. Dies ermöglicht eine noch höhere Spitzengeschwindigkeit und soll zusammen mit KERS zu mehr Überholmanövern führen.

Da man auch noch den neuen Reifenlieferanten Pirelli gezwungen hat, Reifen zu bauen, die schon nach kurzer Zeit so stark abbauen, dass man mehrere Sekunden pro Runde verliert wenn man deutlich ältere Reifen nutzt als ein Wettbewerber, sind mehr Boxenstopps und mehr Positionsveränderungen zu erwarten als in den letzten Jahren. Es sei nur am Rande erwähnt, dass man extra einen italienischen Hersteller ausgesucht hat, um etwas zu entwickeln, dass mit großer Sicherheit keine ganze Renndistanz übersteht. Wer sich an Ferrari 1995-1997 erinnert, weiß, dass der Italiener an sich auf diesem Gebiet Profi ist. Dankenswerter Weise sind die verschiedenen Reifentypen farblich markiert, sodass es einfacher werden sollte, zu erkennen, wer mit welcher Reifenmischung unterwegs ist.

Traditionen, so sagte es einst eines meiner großen Vorbilder – sind wie Teller: gemacht, um in Stücke zu zerfallen. Ich möchte mich trotzdem einmal mehr der Herausforderung stellen, die Leistungsfähigkeit aller 12 Teams der WM Saison 2011 einzuschätzen und zueinander ins Verhältnis zu setzen:

1. Ferrari:
Fernando Alonso hat es schwer getroffen, den Titel 2010 nicht gewonnen zu haben. Dass man dies durch eine unglückliche Taktik im letzten Rennen selbst verschuldet hat, verhüllt ein wenig den Blick auf die eigentliche Leistung Alonsos in 2010. In einem dem Red Bull klar und meist auch dem McLaren unterlegenen Auto hat der unsympathische Spanier in jedem Rennen das bestmögliche Resultat herausgeholt und war aus meiner Sicht der beste Fahrer des letzten Jahres. Wenn er eine ähnliche Saison noch mal zeigt, geht an Alonso und Ferrari kein Weg vorbei. Denn das 2011-er Auto ist konkurrenzfähig. Wenn es nicht sogar die Messlatte für die anderen ist. Massa hat eine letzte Chance, endlich zu zeigen, dass auch er ein Champion ist. Doch dafür müsste er Alonso in Schach halten. Ganz hartes Brot für den impulsiven Brasilianer.

2. RedBull:
Fahrer und Konstrukteursweltmeister 2010. Eine verdiente Ehre aber eine ebenso schwere Bürde. Sicher ist das Auto gut und Vettel wird hoffentlich weniger Fehler machen als im letzten Jahr. Aber das wird knapp nicht genügen, um Ferrari zu schlagen. Ein klarer zweiter Platz, nicht ganz dran an Ferrari aber weit vor „dem Rest“. Webbers Abschiedsjahr wird leider nicht mit einem Heimsieg für den Australier starten.

3. Mercedes:
Weil McLaren nicht nah genug dran ist und Renault ohne Robert Kubica nicht die volle Leistung entfalten kann, wird Mercedes auf Rang 3 in der Konstrukteursmeisterschaft 2011 landen. Nico Rosberg wird einmal mehr seinen alternden Teamkollegen in die Schranken weisen, was hoffentlich endlich zur überfälligen Verrentung des 7-maligen Weltmeisters Michael Schumacher führt.

4. McLaren:
Jenson Button und Lewis Hamilton. Das klingt nicht nur gut, das ist auch gut. Aber der McLaren ist einfach nicht schnell genug, um diesen beiden ehemaligen Weltmeistern eine Waffe zu sein, mit der sie um Podeste oder gar die WM mitkämpfen können. Eine starke zweite Saisonhälfte wird aber andeuten, wo McLaren 2012 hin will. Und da sind Button und Hamilton noch immer beide im richtigen Alter für WM-Titel.

5. Renault:
Robert Kubica ist der Baustein, der diesem Team fehlt, um Rang 3 bei den Konstrukteuren einzufahren. Nick Heidfeld ist leider nicht mehr als ein solider Mittelfeldfahrer. Und Vitali Petrov lässt leider zu selten sein Talent aufblitzen. In Topform kann der Russe einen Kubica und selbst einen Vettel schlagen. Seine Normalform liegt aber leider 8 Zehntel dahinter. Das ist nicht genug, um sich langfristig einen Platz in der Königsklasse des Motorsports zu sichern. Aber die russische Volksseele wird sich über 2-3 Podestplatzierungen freuen dürfen.

6. Sauber:
Noch mal werde ich den Fehler nicht begehen, die Sauber-Fahrer zu unterschätzen. 2010 hat uns der kampstarke Japaner Kamui Kobayashi viel Freude gemacht. Das wird er hoffentlich auch 2011 fortsetzen. Ein paar Überholmanöver gegen Michael Schumacher versüßen einem so ein 2-stündiges Rennen doch schon sehr. Und wer Sergio Perez für einen von dubiosen mexikanischen Sponsoren in die Formel 1 gehievten Bezahlfahrer hält, der soll sich im Laufe der Saison wundern. Von den Weltmeistern in der Serie mal abgesehen, zählt Sauber zu den Teams mit dem höchsten fahrerischen Potenzial. Eine schöne Erfrischung.

7. Torro Rosso:
Jaime Alguersuari ist 20 Jahre alt, Sebastien Buemi 22. Und dennoch ist keiner der beiden ein Rookie. 2010 haben beide Schwächen gezeigt, sich aber im Großen und Ganzen doch für einen Verbleib im Team empfohlen. Der auch erst 21-jährige Testfahrer Daniel Ricciardo wird auf Patzer hoffen und möglichen Einsätzen entgegenfiebern. Denn bei Torro Rosso geht es 2011 um nicht weniger als das zweite Cockpit im RedBull für 2012 neben dem Weltmeister Vettel. Wer sich von den dreien durchsetzt, kann 2012 Weltmeister werden. Also ruhig auch mal einen Blick auf die Platzierungen außerhalb der Top 10 werfen.

8. Force India:
Schade. In 2009 und 2010 sah es zuweilen so aus, als könnte das Team den Durchbruch schaffen. Nun ist man doch wieder weit zurück und muss sich jeden einzelnen Punkt durch harte Arbeit und etwas Glück erkämpfen. Mit Adrian Sutil und Paul di Resta gehen 2 Fahrer an den Start, die ihr Handwerk verstehen. Beide sind aber nicht in der Lage, dem Team die Impulse zu geben, die nötig wären, um doch mal aus dem Schattendasein herauszutreten. Wenn einer der beiden seine Leistungen nicht bringt, wartet Nico Hülkenberg geduldig auf einen Einsatz. Wäre vielleicht nicht das schlechteste für das Team.

9. Williams:
2010 noch das sechstbeste Team in der Formel 1 wird Williams zum Verlierer der Saison. Mein Mitleid gibt es dafür aber nicht. Wer einen Nico Hülkenberg unter Vertrag hat und sich für die Fahrerpaarung Rubens Barrichello (noch immer schnell, aber der Mann ist wird 39 Jahre!) und den Venezuelaner Pastor Maldonado entscheidet, hat es vielleicht einfach nicht besser verdient. Maldonado ist zwar amtierender GP2 Meister. Doch hat er sich selbst in seinem Meisterschaftsjahr nie durch einen besonders hohen Speed hervorgetan, sondern eher von seiner im Vergleich zum Rest des Feldes großen Erfahrung und dem sehr professionellen Team profitiert. Maldonado ist – anders als Sergio Perez – ein Bezahlfahrer. Und nicht der Beste.

Die neben dem KERS ebenfalls als Come-Backer agierende 107% Regel wird wohl der härteste Gegner der 3 Neulinge von 2010. Zwar können alle 3 auf ein Jahr Erfahrung zurückgreifen, vielmehr steht aus 2010 allerdings für keines der Teams auf der Haben-Seite. Lotus wird zumindest an einem Großteil der Rennen teilnehmen dürfen. Trulli und Kovalainen sind dabei eine Fahrerpaarung, die zum Team passt. Ein sehr Erfahrener und ein ganz Guter.
HRT und Virgin hingegen müssen hoffen, dass Ferrari und RedBull nicht schon in Q1 ernst machen, denn dann dürfte es für alle 4 Fahrer schwer werden, einen Startplatz zu erringen. HRT mit Narian Kartikeyan und Vitantonio Liuzzi ist vom Speed her vielleicht etwas stärker einzuschätzen als Marussia Virgin. Aber Timo Glock und der Belgier Jerome D´Ambrosio sollten das wettmachen.


Am Sonntag wissen wir mehr, aber jegliche Abweichung von dieser Prognose würde mich doch wundern…

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Kommentare
NoSt: knapp daneben... geschrieben von Norbert Steinkemper, am 17.11.2011 15:57:34h

...ist auch vorbei... ;-)

Ich bin jetzt schon auf die Saisonvorschau 2012 gespannt. :-D

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NoSt: knapp daneben... geschrieben von Norbert Steinkemper, am 17.11.2011 15:57:23h

...ist auch vorbei... ;-)

Ich bin jetzt schon auf die Saisonvorschau 2012 gespannt. :-D

▲ schließen
NoSt: Aus dem Fenster... geschrieben von Norbert Steinkemper, am 24.3.2011 09:55:53h

lehnt sich der Herr Experte ja gern mal. Obwohl das wohl diesmal geklemmt hat. Eigentlich ist die Prognose in diesem Jahr weniger gewagt als in früheren Zeiten.

Die Vorhersage zur Nicht-Performance von Williams hingegen teile ich nicht. Allerdings kann da wohl auch der Wunsch der Vater des Gedankens gewesen sein... ;-)

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Wackelmeter: Abweichnung geschrieben von Dirk Osebold, am 23.3.2011 18:56:12h

Aus Erfahrung würde ich sagen, jegliche Abweichnung von dieser Prognose wundert hier keinen, oder?

Schönes Corner!

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