2010-08-10: "Ferrari ist zurück – in den Schlagzeilen""

Gerade hatte ich in meinem letzten Kommentar noch die Schwäche von Red Bull kritisierend angemahnt, den vorhandenen Speed einfach nicht in Rennergebnisse umzusetzen, da öffnet eben diese Schwäche dem italienischen Ferrari Team die Tür zurück in die Weltmeisterschaft und die Roten aus Maranello schaffen es mal wieder, Ihren sportlichen Erfolg in den Hintergrund zu drängen und die Popularität seiner Nummer eins, Fernando Alonso, an dem sich ohnehin – vorsichtig formuliert – die Geister scheiden, weiter zu senken.

Zwar kann man beim Rennen in Hockenheim nicht davon sprechen, dass Red Bull überlegen gewesen wäre, aber mehr als gleichauf ist Ferrari nicht gewesen. Typisch für diese Saison konnte Ferrari die Situation allerdings in einen Doppelsieg ummünzen, während für Vettel und Webber lediglich die Plätze 3 und 6 übrig blieben. In Ungarn hingegen war Red Bull haushoch überlegen. Ohne eine für mich erkennbare Schuld bekam jedoch – wegen einer völlig sinnfreien Safetycar-Phase – Sebastian Vettel eine Strafe aufgebrummt und es reichte wieder „nur“ zu Platz 1 und 3, während Alonso die 18 Punkte für Rang 2 abstaubte.

Beängstigend passiv sah übrigens in den beiden vergangenen Rennen McLaren aus, die scheinbar nicht Schritt halten können und die Führung in Fahrer- und Konstrukteurs-WM abgeben mussten. Jenson Button sieht schon seit einigen Rennen nicht mehr sehr souverän aus, doch in Deutschland und Ungarn war auch Hamilton nicht in der Lage, ernsthaft um das Podest mitzukämpfen.

Dank des Platztausches von Massa und Alonso in der Endphase des Deutschland-GP haben wir nun zur Sommerpause die Spannung versprechende Situation, dass 5 Fahrer innerhalb von 20 Punkten liegen, was in früheren Zeiten, als es für einen Sieg noch 10 Punkte gab, eigentlich nur 8 Punkte gewesen wären. Und in den nächsten 7 Rennen werden noch bis zu 175 an den besten Fahrer vergeben; theoretisch wäre also sogar Michael Schumacher noch in der Lage, Weltmeister zu werden. Aber grau ist alle Theorie.

Dass dieser spannende Kampf um die Krone der Formel 1 Weltmeisterschaft 2010 jedoch nicht die Schlagzeilen beherrschte, liegt neben dem Harakiri-Versuch des Ex-Weltklasse Fahrers Michael Schumacher, die Schmach zu verhindern in einem für ihn ereignislosen Rennen kurz vor Schluss auch noch vom 10. auf den 11. Rang zurück und damit aus den Punkten heraus zu fallen (während sein Teamkollege Rosberg in der Nähe des Podests unterwegs ist), vornehmlich an der vom etwas beleidigten Felipe Massa so schön inszenierten Stallregie.

Wenn es nicht ausgerechnet Ferrari wäre, könnte man von einem gelungenen Diskussionsanstoß sprechen. Denn realistisch gesehen ist es völliger Unsinn, in einer Sportart, in der die WM-Platzierungen finanzielle Millionenunterschiede ausmachen, einem Team zu verbieten selbst zu entscheiden, welcher der beiden Piloten nun vorn liegt. Ich habe absolut kein Verständnis für Niki Laudas Verständnislosigkeit in dieser Sache. Wenn am Saisonende Red Bull Konstrukteursweltmeister wird und Fernando Alonso Fahrerweltmeister, dann wird es sicher einige kritische Stimmen geben, aber die verstummen irgendwann. Eine WM hingegen ist Geschichtsbuch. Und Millionen. Neben Ruhm und Ehre und anderen Kleinigkeiten…

Ob DTM, Indycars, Nascar oder Tourenwagen-WM, überall wird ab spätestens Saisonmitte dem Fahrer eines Teams oder einer Marke der Vorzug gegeben, der in der Saisonwertung am aussichtsreichen platziert ist. Ich kann es gar nicht genau sagen, aber einige DTM Titel hätten Bernd Schneider und Mercedes sicher weniger im Schrank, wenn man Stallorder wie in der Formel 1 als Unsportlichkeit deklariert hätte. Es geht nun mal nicht um die Stadtmeisterschaft in Sigmaringen, sondern um die Formel 1 Weltmeisterschaft. Ferrari hat sich mit dieser Stallregie keinen Sieg erkauft, eine solche Aktion kann man erst dann machen, wenn man ohnehin beide Fahrer auf den Positionen 1 und 2 hat. Es ist heuchlerisch das zu kritisieren und eine Regel, die solche Dinge verbietet ist das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt ist.

Denn ein solches Verbot zu umgehen ist das kleinste Problem. Einigt man sich im Vorfeld darüber, was passiert, wenn man kurz vor Schluss in der „falschen“ Reihenfolge auf den ersten Positionen liegt, dann kommt Massa mal schlecht aus der Start-Ziel-Kurve raus oder fährt dabei etwas auf den schmutzigen Teil der Piste. Man kann beim Boxenstopp unauffällig eingreifen oder einen sechsten Gang verloren haben, in den man dann einfach nicht mehr schaltet. Aber was Ferrari getan hat, war ein Fingerzeig Richtung Paris, welch Ironie diese Regelung ist. Glaubt man.

Die Wahrheit jedoch ist eine andere. Man hat versucht, den Positionstausch unauffällig hinzubekommen und nur für findige Fachleute erkennbar. Doch wenn man zwei südländische Charaktere wie Alonso und Massa unter Vertrag hat, ist das nicht so einfach. Massa macht erstmal einige Runden auf bockiger kleiner Junge, bis beim vierten – nun nicht mehr so dezenten Hinweis die internationale Tonregie mit drauf ist und meint dann noch, jedem, der es noch nicht kapiert hat was dort passiert ist, durch ein bewusstes Bremsen auf der Zielgeraden aller Welt zeigen zu müssen, dass er durch eine Teamentscheidung vom Sieg abgehalten wurde. Alonso hingegen tönt für alle hörbar seinen Unmut durchs Mikro, dass er nicht von Teamleitung, Fans, Gegnern und Blaufahnenschwenkern direkt in der ersten Runde nach dem Boxenstopp vorbei gewunken wird, wie es seiner königlichen Hoheit Fernando I gebührt.

Schön, dass diese unprofessionelle Menschlichkeit in der Formel 1dafür sorgt, dass endlich eine Grundsatzdiskussion über den zahnlosen Tiger Gummiparagraph 39.1 des sportlichen Reglements diskutiert und vielleicht an die Realität angepasst wird…

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